Logo Kanton Bern / Canton de BerneStandortförderung Kanton Bern

Von den Palmen direkt in die Alpen: eine Bahnfahrt mit Ausblick

Dreieinhalb Stunden dauert die Fahrt von Montreux nach Interlaken und ist in der neu geschaffenen Montreux-Oberland-Bahn wahrlich ein Genuss: Gleich drei Kantone umfasst die Zugfahrt, die die Hotspots des Genfersees mit denen des Thuner- und des Brienzersees verbindet; ganz ohne Umsteigen.

Gemütlich schlängelt sich die Bahn mitten durchs Wohngebiet. Fährt vorbei an prächtigen Häusern und Jugendstilvillen, steigt ob Montreux hoch, hoch, hoch, bis sich die Genfer Riviera, der glitzernde See, das gegenüberliegende Frankreich in seiner ganzen Pracht ausbreiten. Nicht nur die Gäste aus den USA und Indien zücken ihre Handys, auch zwei Damen aus der Westschweiz, die sich die dreieinhalbstündige Fahrt inklusive Frühstück zum Zeitvertreib gönnen, zeigen  sich begeistert vom Weitblick – und dem Touristendasein im eigenen Land.

Genau so soll es sein: «Wir gehen davon aus, dass die Einheimischen mehr als die Hälfte der Reisenden ausmachen», sagt denn auch Jérôme Gachet von der Montreux-Berner-Oberland-Bahn AG (MOB), wie die Schweizer  Bahngesellschaft heisst, die den Golden-Pass Express betreibt. Dies zeige sich insbesondere in den Wintermonaten, wenn noch wenig ausländische Gäste das Land bereisten, so der Sprecher. «Es gibt viele Schweizer Touristen, die diese Strecke wegen der Züge, aber auch wegen der Schönheit der Strecke benutzen.»

115,34 Kilometer von den Palmen zu den Gletschern
Vor gut vier Monaten, am 11. Dezember 2022, fuhr der GoldenPass Express zum allerersten Mal die 115,34 Kilometer vom mediterranen Genfersee via Château-d’Oex, Gstaad, Zweisimmen, Spiez nach Interlaken Ost ins gebirgige Berner Oberland. Er macht das möglich, was bislang unmöglich schien: eine direkte Zugverbindung der Hotspots der Riviera zu den Hotspots in den Alpen oder – werbewirksam gesprochen – von den Palmen zu den Gletschern.

Eine alte Idee modern umgesetzt
Die Idee für diese spektakuläre Strecke ist uralt: Laut MOB stammt der erste schriftliche Nachweis hierfür aus dem Jahr 1873. Bereits damals – es war die Zeit der grossen Eisenbahnprojekte – träumte man davon, die Wirtschaftszentren Genfersee, Gstaad sowie Thuner- und Brienzersee zu vereinen und die Bergregionen besser anzubinden. 1901 wurde der erste Streckenabschnitt der MOB zwischen Montreux und Les Avants – angepasst an das abschüssige Gelände – als sogenannte Meterspur eingeweiht. Gleichzeitig entstand zwischen Interlaken und Zweisimmen eine Zugstrecke, aber als Normalspur (1,435 m). Ab da existierte zwar faktisch eine Verbindung, aber keine direkte, sondern mit Umsteigevorgängen in Zweisimmen und Interlaken.

Mehrmals wurde die Idee einer dritten Schiene aufgrund technischer und finanzieller Hindernisse verworfen, bis 2008 die MOB ankündigte, die Barriere zwischen Normal- und Meterspur mittels eines Drehgestells mit variabler Spurweite überwinden zu wollen. Tatsächlich: Zwei Jahre später präsentierte das Unternehmen der Presse die von ihr konstruierte und entwickelte Lösung namens EV09. Diese wurde vom Schienenhersteller Alstom weiterentwickelt, erfolgreich getestet und schliesslich 2019 als EV18 vorgestellt. Damit war die Umspurung perfekt und der Weg frei für eine Idee, die über hundert Jahre alt ist und schliesslich für 89 Millionen Franken umgesetzt wird.

Höchster Komfort und regionaler Genuss
Für die ausländischen Gäste bietet die umsteigefreie Verbindung einen wichtigen Mehrwert: «Der Wegfall des Umsteigens ist eine unabdingbare Voraussetzung für Reisegruppen und erhöht den Reisekomfort von allen Reisenden», heisst es bei der MOB. Aber auch für Touristikerinnen und Touristiker und für Bahnfans geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung. 23 Wagen umfasst die Flotte, die allesamt über Panoramafenster verfügen. Jede Formation bietet eine zweite, eine erste sowie eine Prestige-Klasse. Letztere zeichnet sich durch beheizte Sitze aus, die immer in Fahrtrichtung reisen und um 40 Zentimeter erhöht sind. «Dadurch können die Reisenden noch mehr in die Umgebung eintauchen und bekommen das Gefühl, als sässen sie mitten in der Landschaft.» Entlang der Strecke verbindet der GoldenPass Express gleich mehrere Attraktionen wie etwa das Schloss Chillon bei Montreux, das Maison Cailler in Broc, den Glacier 3000 in Gstaad, das Stockhorn in Erlenbach im Simmental und nicht zuletzt die Königin der Alpen, die Jungfrau, in Interlaken.

Während der kurzweiligen Zugfahrt kommen die Gäste in den Genuss hiesiger Köstlichkeiten. Die Bordgastronomie wartet mit Frühstückskörben, Apero-Plättchen und Snacks mit regionalen Produkten auf, welche auf Vorreservation serviert werden. Nebst Weinen vom Weinhaus Testuz gibt es Wurstwaren der Berner Oberländer Metzgerei Buure Metzg und Biere der  Interlakner Brauerei Rugenbräu. In der ersten und der Prestige-Klasse wird auch Oona-Kaviar vom Tropenhaus Frutigen serviert.

Angebot wird ausgebaut
Aktuell fährt der GoldenPass Express zwischen Montreux und Interlaken Ost einmal täglich in jede Richtung. Auch wenn noch keine Zahlen vorliegen, so ist man mit der Auslastung mehr als zufrieden. «Die Züge sind oft sehr voll, sowohl von Montreux als auch von Interlaken aus», sagt Gachet. Ab dem 11. Juni 2023 wird das Angebot bereits erhöht auf vier Hin- und Rückfahrten pro Tag – und damit wird auch die Brücke zwischen Stadt und Gebirge, zwischen Seen und Bergen, den Kulturen und Sprachen, vor allem aber zwischen Westschweiz und Deutschschweiz ausgebaut.

Magazin «berncapitalarea» abonnieren

  • Magazin «berncapitalarea» abonnieren

  • Zum Wettbewerb

Seite teilen